Robert (Bob) Hessen 1936-2024

 

All the new criticisms of capitalism are old ones repackaged as stunning new insights.

Robert Hessen

Take Away

Robert (Bob) Hessen gehörte neben Leonard P. Liggio, Murray M. Rothbard oder Isreal M. Kirzner zur 5. Generation der Austrian School of Economics, die im Wesentlichen in den USA wirkt und wirkte. Nach seinem Ph.D. in Zeitgeschichte von der Columbia University, lehrte er bis 1974 dort und wechselte anschliessend an die Stanford University über, wo er ab Herbst 1974 als Spezialist für amerikanische Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Hoover Institution forschte. Drei seiner Bücher, “In Defense of the Corporation“, “Steel Titan: The Life of Charles M. Schwab” and “Breaking with Communism: The Intellectual Odyssey of Bertram D. Wolfe” wurden zu Klassikern. Seine zahllosen Essays zur amerikanischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte sind in wissenschaftlichen aber auch populären Publikationen erschienen.

Mit dem Tod Robert (Bob) Hessen’s hat die, hauptsächlich in den USA aktive 5. Generation der ‘Austrians’, nach Leonard P. Liggio, Ralph Raico oder Henry S. Hazlitt und vielen anderen, einen ihrer schärfsten Denker verloren. Hessen gehörte noch zu jener Gruppe amerikanischer Sozialwissenschaftler, deren Werk aus der umfassenden Sicht einander bedingender Disziplinen entstand. Auch wenn etwa Ludwig von Mises, F. A. von Hayek, G. von Haberler oder James M. Buchanan lange schon vor ihm die freie Marktwirtschaft theoretisch begründeten, trug Hessen als Lehrender und Autor ungezählter Beiträge ganz Wesentlich zum Verständnis und zur Verbreitung der ‘Austrian School of Economics’ in den USA bei.

Am Tonfall seiner Sprache war leicht zu erkennen, dass Bob Hessen im NewYorker Stadtteil The Bronx in bescheidenen Verhältnissen heranwuchs und zunächst am benachbarten Queens College politische Wissenschaften studierte. Sein Master Degree in neuerer Geschichte machte er an der Harvard University und kehrte anschliessend nach New York zurueck, um mit einem Ph.D. in Sozialgeschichte an der Columbia University zu graduieren. Während der gewalttätigen Studentenunruhen der
späten 1960er Jahre, verfasste Hessen jenen Artikel, der ihn zum ersten Mal ins nationale Rampenlicht brachte. Sein Essay "Campus or Battleground? Columbia Is a
Warning to All American Universities" erschien prominent auf der Titelseite von Barron’s am May 20, 1968 und liest sich wie ein alarmierender Bericht über den gegenwärtigen Zustand nicht nur vieler US Universiäten, sondern ebenso grosser europäischer Schulen.

Während seiner Studien an der Columbia University war Hessen, ebenso wie sein Freund Alan Greenspan (später Chairman, Board of FED) und viele seiner Studienkollegen von Ayn Rand’s Werk angezogen, arbeitete für einige Jahre eng mit ihr zusammen und schrieb zahlreiche Beiträge zu Rand’s The Objectivist Newsletter und The Objectivist. Einige dieser Aufsätze wurden Teil von Ayn Rand’s berühmt gewordenen Buch Capitalism: The Unknown Ideal, das besonders in den USA eine beträchtliche Wirkung auf Studenten, die offenbar noch nie gehört hatten, dass freie  ärkte oder der Kapitalismus auch in anderen als technischen Begriffen beschrieben und begründet werden kann. Die grossen Werke der Austrians, wie etwa Ludwig von Mises’ Human Action (1949) oder F.A. von Hayek’s monumentale Bücher wie etwa The Counterrevolution of Science (1952), die The Constitution of Liberty (1960) oder Hayek’s wegweisenden Aufsatz The Spiritual and Moral Significance of Free Enterprise (1961) waren ihnen noch weitgehend unbekannt.

Unbefriedigt und weitgehend ‘geheilt’ von Ayn Rand’s Objectivism, begann Hessen 1968 seine akademische Karriere an der Columbia University als Professor für Zeitgeschichte mit dem Spezialgebiet amerikanische Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte. Bald formte eine Gruppe von Hessen’s Freunden, unter ihnen George Reisman, Leonard P. Liggio, Murray N. Rothbard, und Ralph Raico den sogenannten ‘Circle Bastiat’, den sie nach dem liberalen französischen Denker Frederic Bastiat (1801-1850) benannten. Dieser kleine Kreis versuchte bald mit Ludwig von Mises an der New York University in Kontakt zu kommen und traf dort unter Isreal Kirzner’s Führung auf eine Reihe gleichgesinnte Studenten. Obwohl eine reguläre Berufung von Mises jede amerikanische Universität geehrt hätte, sollte hier nicht unerwähnt bleiben, dass einzig und alleine die New York University nach dem II. Weltkrieg bereit war, Mises eine bescheidene Gastvorlesung/Seminar pro Woche zu erlauben. Mises erlaubte dem Circle Bastiat an seinem Seminar teilzunehmen und entwickelte sich dort bald zum harten Kern dieser Lehrveranstaltung. Ähnlich wie Mises’ berühmtes Wiener Privat Seminar zur Wiege der 4. Generation der Austrians wurde, ging aus dem New Yorker Seminar fast die gesamte amerikanische 5. Generation hervor. Mises stellte in diesem Seminar nicht nur eine neue Form der akademischen Sozialität zur Diskussion, sondern auch eine damals in den USA fremd anmutende Methode des wirtschaftlichen Denkens, die im Gegensatz zum vorherrschenden neoklassischen Paradigma stand und eine authentische liberale Doktrin war. Nach Ausage aller Teilnehmer war Mises ein begeisternder Lehrer mit schier unerschöpflichem Wissen.

Nach erfolgreicher Lehrtätigkeit verliess Hessen New York und folgte im Herbst 1974 der Berufung an Stanford University’s Hoover Institution. Als Senior Research Fellow hatte er neben seiner Forschungsarbeit in den Archiven der Hoover Institution auch eine meist überfüllte Vorlesung zur ‘Geschichte der amerikanischen Wirtschaft’ an Stanford’s Graduate School of Business.

Hessen’s drei grosse Bücher, Steel Titan: The Life of Charles M. Schwab (1975) , In Defense of the Corporation (1978) and Breaking with Communism: The Intellectual Odyssey of Bertram D. Wolfe (1990) wurden zu Klassikern. Sein In Defense of the Corporation erreichte bisher 5 Auflagen und ist auch heute eine hochaktuelle kompromisslose Verteidigung der unternehmerischen Freiheit. Dieses Buch bietet hier eine Neuinterpretation des Wesens und die historischen Ursprünge von Konzernen und stellt eine Herausforderung für die derzeit weitverbreitete Verurteilung von Riesenkonzernen dar. Hessen erklärt hier den entscheidenden Unterschied zwischen den sogenannte Konzessions- und Inhärenztheorien der Konzerne. In Breaking With Communism dokumentiert Hessen die zweite Hälfte von Wolfe’s Leben und stützt sich dabei auf dessen geheime Papiere, die von der Hoover Institution Mitte der 1980er Jahre erworben wurden. Dieser Band beschreibt Wolfe’s ehrlichen Kampf, die Wahrheit über den die Entstehung Sowjetrusslands und den Terror Lenin’s und Trotzki’s aufzudecken. Er war Hauptherausgeber der Hoover Archival Documentaries, einer mehrbändigen Reihe, die historisch bedeutsame Materialien aus den Archiven der Hoover Institution veröffentlicht. Einen grossen Teil seiner enormen Bibliothek verkaufte er Anfang 2015 an den neu gegründeten österreichischen Think Tank ‘Agenda Austria’.

Diese Sammlung wichtiger englischer Bücher in der Tradition der Austrian School of Economics dürfte einmalig in Europa sein. Robert Hessen’s wissenschaftliches Werk umfasst wichtige Beiträge zur Wirtschafts- und Gesellschaftsgeschichte der USA und zeichnet sich durch eine innere Kohärenz und systematische Entwicklung aus. Seine ehrliche Wissenschaftlichkeit und sein akademischer Einfluss, nicht zuletzt aber auch sein typischer New Yorker Humor, seine Bescheidenheit und sprichwörtliche Hilfsbereitschaft sind Legion. Mit 87 Jahren starb er gestern in Palo Alto im Kreis seiner Familie.

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