1949 – 2019: Siebzig Jahre „Soziale Marktwirtschaft“
von Hubert Milz
Vorbemerkungen | Zum 70. Jubiläum der ‘sozialen Marktwirtschaft werden wahrscheinlich viele Publikationen dem so genannten deutschen Wirtschaftswunder gewidmet sein, wobei Alfred Müller-Armack (1901-1978) eine wichtige Rolle einnehmen wird.
Obschon das wirtschaftspolitische Konzept der sozialen Marktwirtschaft von Ludwig Erhard energisch und mit grossem Erfolg umgesetzt wurde, gilt Müller-Armack nicht nur als Erfinder des politisch zündenden und wirkungsvollen Slogan ‘soziale Marktwrtschaft’, sondern somit auch als einer der Väter des so genannten deutschen Wirtschaftswunders.
Auch wenn es im Folgenden kaum gelingen wird, der Person Müller-Armacks gerecht zu werden, soll hier doch versucht werden diese wirtschafts- und gesellschaftspolitisch wichtige Persönlichkeit der deutschen Nachkriegsjahre kritisch zu sehen.
Müller-Armack und der „starke Staat“
Studiert hatte Müller-Armack „wirtschaftliche Staatswissenschaften“, dieser Studiengang umfasste neben der Volkswirtschaftslehre auch Staats- und Verwaltungslehre, Öffentliches Recht, Privatrecht, Wirtschaftsgeschichte und mehr – und wurde damals im Deutschen Reich dominant beherrscht von den Vertretern der „jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie“. Grob gesprochen lässt sich festhalten, dass diese Schule der „ökonomischen Theorie“ weitgehend ablehnend gegenüber stand, sie wollte Wirtschaft und Gesellschaft anhand historisch erarbeiteter Entwicklungsgesetze sozusagen vermessen (1), daneben sind wesentliche Schwerpunkte der Schule in den Feldern „gesellschaftliche Institutionen“ und „Sozialpolitik“ („Kathedersozialisten“) zu verorten. In der Regel waren die Vertreter der „jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie“ auch stark etatistisch geprägt; sie glaubten an den „starken Staat“.
Müller-Armack ist meiner Meinung nach stark durch diese „jüngere Historische Schule der Nationalökonomie“ geprägt, was den Glauben an den „starken Staaten“ und die Sozialpolitik betrifft, diesen Glauben hat er auch nach 1945 in modifizierter Form beibehalten.
Müller-Armack war ein Anhänger des Korporatismus (2), vielleicht nicht ganz so, wie dieser im Italien Mussolinis umgesetzt wurde, jedoch sind Müller-Armacks damalige Sympathien für die korporatistische Wirtschaftspolitik nicht zu übersehen (3). Großindustrie, Kartelle und staatlich gelenkte Wirtschaft, mit diesen Stichworten kann man Müller-Armacks Sympathien und wirtschaftspolitische Positionen der späten 1920er und frühen 1930er Jahren umschreiben und plakativ zusammenfassen.
Müller-Armack wird – dies ist meine Sicht der Dinge – zu Beginn der „braunen Revolution“ der Ansicht gewesen sein, dass seine Ansichten zum wirtschaftspolitischen Korporatismus mit der „NSDAP“ umsetzbar und zu machen sind, so dass Wirtschaft und Gesellschaft im Vergleich zur „Weimarer Republik“ stabiler und auch relativ frei sein sollten. Dies war ein Irrtum, den Müller-Armack schnell einsah, so dass er sich ins Passive zurückzog, er publizierte bis 1945, wenn überhaupt, dann sozusagen neutral.
Korporatismus oder sozialistische Wirtschaftspolitik?
Die „Nazis“ betrieben hingegen eine sozialistische Wirtschaftspolitik, eine Kommandowirtschaft war dies – und kein Korporatismus. Dies wurde z. B. vom sozialistischen Ehepaar Alva Myrdal und Gunnar Myrdal, beide sind Nobelpreisträger, anerkannt. Das Ehepaar bereiste Mitte der 1930er Jahre das „braune Deutschland“, danach fabulierten die Myrdals geradezu schwärmerisch vom sozialistischen Fortschritt im „braunen Deutschland“. Nach dem II. Weltkrieg wurden Teile der schwedischen Verfassung von 1809 geändert. Die Initiative hierfür lag bei den sozialistisch-marxistischen Sozialdemokraten Schwedens; auch z. B. für die fast wörtlich übernommenen Passagen eines Ernst Rudolf Huber (4), der als einer der „Kronjuristen“ der „NSDAP“ gilt. Auch diese kleine – weitgehend unbekannte Anekdote – zeigt, dass die sozialistischen Spielarten – egal, ob rot, rosa-rot, grün, braun oder welche Farbe auch immer – aus gleichen Wurzeln sprießen.
Auch der „Vorwärts“, der von den emigrierten deutschen Sozialdemokraten zunächst in Prag und später in Paris herausgegeben wurde, sprach von den ab 1936 aufgelegten Vierjahrespläne der „braunen Sozialisten“ lobend im Sinne des sozialistischen Fortschritts (5).
Solche Anekdoten, die heutzutage nicht gerne gehört werden und unter das Schweigegebot der „political correctness“ fallen, zeigen deutlich, dass Joseph Goebbels nicht ohne Grund 1930 im „Angriff“ schrieb, dass die „NSDAP“ die äußerste linke Speerspitze der sozialistischen Revolution ist.
Sollte nun jemand einwenden, dass die „braunen Sozialisten“ die Wirtschaftsbetriebe nicht verstaatlicht haben und dass doch Verstaatlichung der Wirtschaft das Kennzeichen jedweder Form von Sozialismus zu sein hat, dem sei entgegnet: Karl Marx hat nicht von Verstaatlichung gesprochen, sondern von Vergesellschaftlichung, von Sozialisierung; der Staat sollte gemäß Marx im Sozialismus absterben. Demzufolge waren die „braunen Sozialisten“ in Fragen der „Sozialisierung der Wirtschaft“ näher an Marx als es der „real existierende Sozialismus“ von Lenin, Stalin etc. oder die Pläne der marxistischen Sozialdemokratie waren. „GröFaZ“ soll diesbezüglich sogar gesagt haben, dass er die Wirtschaft nicht zu sozialisieren brauche, sondern es genüge vollauf, wenn er die Menschen sozialisiere.
Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard
Schon in den vertraulichen Zirkeln, die es während der zwölf Jahre der „braunen Sozialisten“ gab, lernte Müller-Armack Ludwig Erhard kennen. Müller-Armack, Erhard und andere6 arbeiteten in diesen Zirkel an Konzepten für die Nachkriegsordnung. Mitunter geschah dies auch ganz offiziell, z. B. in der „Arbeitsgemeinschaft Erwin von Beckerath“. Dies war eine mehr oder weniger private Runde, die unter dem Schutz der „Akademie für Deutsches Recht, Abteilung Volkswirtschaftslehre“ ganz normal als offizielle Forschungsgruppe bis zur Auflösung der Abteilung 1943 tätig war. Danach arbeitete die Gruppe inoffiziell weiter. In dieser Gruppe wurden schon vor 1943 Positionen erarbeitet, die in die deutsche Nachkriegsordnung einflossen.
Wer sich ein wenig mit den Positionen Erhards und Müller-Armacks befasst, dem sollten die grundlegenden Unterschiede zwischen Erhard und Müller-Armack in die Augen springen.
Für Ludwig Erhard ist die Marktwirtschaft sozial an sich! Ein vernünftiger, einfacher rechtlicher Handlungsrahmen genüge, um die Institution des Marktes zum Vorteil aller wirken zu lassen – eben zum „Wohlstand für alle“. Oder anders ausgedrückt (Erich Weede), „Der Markt kann selbst Egoisten und Neider zwingen, sich so zu verhalten, als ob sie am Wohlergehen ihrer Mitmenschen interessiert sind. Die Politik kann das nicht.“
Müller-Armack war völlig anderer Meinung. Er meinte, dass die Marktwirtschaft sozial gerecht feingesteuert werden müsse, man könne diese sich nicht selbst überlassen7. Besonders beim alten Müller-Armack wird der interventionistische Korporatismus wieder deutlich, richtiggehend prägend, z. B. lobte Müller-Armack 1978 – also kurz vor seinem Tod – die Interventionen des Staates „Generationenvertrag mit dynamischer Rentenformel; Betriebsverfassungsgesetz; die (so genannte) Spar- und Vermögenspolitik“ vollumfänglich und diese Dinge befand Müller-Armack als sehr gut in den Händen der Regierung – Müller-Armack wollte dies alles als soziales Ordnungsinstrument des Staates in den Händen der Regierung gebündelt wissen.
Bei solchen Ausführungen sollte nach meinem Empfinden ein tatsächlicher „Ordoliberaler“ (8) widersprechen; denn z. B.
=> beim sog. Generationenvertrag war schon während der Vorbereitung klar, dass dieser scheitern wird. Adenauer 1955 soll an seine Mitarbeiter, welche die Blaupause von Prof. Schreiber zum Rentenreformgesetz gestalteten, die Frage gerichtet haben: „Meine Herren, was ist, wenn der Erhard, der Schäffer, der Röpke und deren Freunde richtig liegen und das Ding geht schief, was dann?“ Die Antwort soll gewesen sein: „Herr Bundeskanzler, wenn das Ding schief geht, dann sind Sie schon lange nicht mehr und wir auch nicht!“ Also, den tatsächlichen „Ordoliberalen“ war schon 1955 klar, dass der sog. „Generationenvertrag“ schief gehen wird;
=> ebenso klar war echten „Ordoliberalen“, dass die „Vermögensbildungsgesetze“ kaum Vermögen in Arbeitnehmerhand bilden werden
=> und dass das Betriebsverfassungsgesetz langfristig, wegen etlicher falscher Anreize des Gesetzes, kontraproduktiv sein wird.
Müller-Armack war eben kein echter „Ordoliberaler“, sondern war meines Erachtens nur ziemlich flexibel. Seinen Korporatismus reicherte er nach 1945 mit liberalen Anteilen an, vertrat jedoch als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium weiterhin – wiederum mein persönlicher Eindruck – eine Art von weichem, mildem Korporatismus und damit letztlich doch die Interessen der Großindustrie.
Müller-Armack war meinem Eindruck nach eher eine Art von Bremser bei der Entflechtung der Kartelle, der Syndikate und der vermachteten Strukturen in der Wirtschaft – in der wirtschaftlichen Prozesspolitik stand Müller-Armack den alten „Granden“ näher als den „Ordoliberalen“ und übte sich prozesspolitisch in den Dingen, die Friedrich August von Hayek mit vollem Recht „Anmaßung von Wissen“ nannte. Dies ist auch schon leicht aus den oben genannten drei Punkten abzuleiten. Diese Art von „sozialer Feinsteuerung“ lässt sich grob gesprochen viel leichter bewerkstelligen mit
=> den Konzernlenkern der Großbetriebe, die keine Unternehmer, sondern nur Betriebsverwalter sind. Die Franzosen haben meiner Meinung mit „société anonyme“ die bessere Bezeichnung für Aktiengesellschaften; die „Führer“ dieser anonymen Großbetriebe sind politisch einfacher auf Linie zu bringen als die Eigentums-Unternehmer;
=> den straff organisierten Verbänden von Industrie und Handel, die starken Einfluss auf ihre Mitglieder ausüben und deren Verbandsfunktionäre meistens auch politisch gut verbandelt sind;
=> flankierend hinzu kommen dann noch die Industrie- und Handelskammern, ergänzt um die Handwerkskammern, deren Funktionäre auch regelmäßig gute Drähte zur Politik pflegen;
=> und unabdingbar sind natürlich Gewerkschaften mit Gewerkschaftsbossen, welche die eigenen Interessen verfolgen, aber clever genug sind dies den Gewerkschaftsmitgliedern als Gewerkschaftsinteresse einzuimpfen, somit die Mitglieder fest im Griff haben und natürlich die politischen Spielchen mitspielen.
Mittels einer derartigen Gemengelage kann das Spiel der so genannten „sozialen Feinsteuerung der Marktwirtschaft“ im Sinne von Müller-Armack gespielt werden. Doch dies hat kaum noch etwas mit Marktwirtschaft zu tun; dies ist eine extrem verkrüppelte Marktwirtschaft, die zwar effizienter ist als die Planwirtschaft, jedoch nur deshalb, weil den Menschen – zumindest über eine lange Zeitspanne hinweg – vorgegaukelt wird, dass dies „Soziale Marktwirtschaft“ ist. Und wenn das Ding dann schiefgeht, dann ist dies natürlich der „ungebändigte Kapitalismus“ schuld, der die guten Ansätze der „Sozialen Marktwirtschaftler“ unterlaufen hat. Selbstredend sind natürlich keinesfalls die wirkliche Täter die Schuldigen. Diese wirklichen Täter sind zu finden in einer furchterregenden Symbiose aus ähnlichen Kreaturen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die zusammengeführt, zusammengehalten, organisiert und gehandhabt durch Regierungspolitik zum Schaden der allgemeinen und individuellen Wohlfahrt agieren.
Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard und Franz Böhm trieben hingegen – mit Blick auf funktionierenden Wettbewerb – die Entflechtung und Auflösung der aus Kaiserreich und Weimarer Zeit überkommenen alten, vermachteten Strukturen voran.
Der grundlegende Unterschied in den Konzepten ist schon in der Schreibweise zu erkennen. Anhänger des wirtschaftspolitischen Konzepts von Ludwig Erhard schreiben „soziale Marktwirtschaft“; die Anhänger des Konzepts von Müller-Armack schreiben hingegen „Soziale Marktwirtschaft“. Noch heute lässt sich an der unterschiedlichen Schreibweise erkennen, wer „Marktwirtschafter“ und wer mehr oder weniger ein „Interventionist“ und/oder „Korporatist“ ist. Herbert Giersch z. B. konnte „soziale Marktwirtschaft“ gerade noch hinnehmen, bei einer Realisierung des Konzepts „Sozialer Marktwirtschaft“ des Müller-Armacks hingegen befürchtete Giersch die Zerstörung der Wirtschaft und damit auch der Gesellschaft (9); denn auch der Korporatismus in der Art und Weise der „Sozialen Marktwirtschaft“ Müller-Armacks führt längerfristig zu einer Spielart von Sozialismus oder Kollektivismus, da Regierungen in solchen korporatistischen Systemen ihre Ansprüche immer weiter ausdehnen werden.
Die Folgen sind leicht abzuleiten: Eigentums- und Verfügungsrechte werden stetig immer weiter ausgehöhlt, so dass diese Rechte zu leeren, formalen Hülsen verkommen. Der eigentliche Chef der Verfügungsrechte ist dann die Regierung, diese führt dann die „Regie“ über das Eigentum, das nur formal noch irgendwelchen Privatpersonen gehört. Letztlich gilt dies auch für den Korporatismus des Müller-Armacks, der – zwar auf die sanfte Art und Weise der Tarnkappe „Soziale Marktwirtschaft“ – zum Sozialismus und damit zu „Armut, Not und Elend für ALLE“ führen wird, ausgenommen sind natürlich die politischen Führungskader.
Damit ist nicht gesagt, dass das korporatistische Konzept des autoritären Liberalismus nach Müller-Armack nicht kurzfristig erfolgreich sein kann. Doch durch die Anreize, die gesetzt werden, ist eben das Potential absolut gegeben, dass dieses Konzept scheitern lässt – mag der eine oder andere auch der Meinung sein, dass ein solches Konzept noch immer eine gute „zweitbeste Lösung“ ist. Wird hingegen ein liberaler Korporatismus im Sinne von „Freiheit“ eingesetzt, dann heißt das Ziel weniger Staat. Ein Konzept des liberalen Korporatismus, welches ein erster Schritt sein sollte, um den Weg zu beschreiten aus dem derzeitigen Maximalstaat wieder einen Minimalstaat zu machen (10). Mit dem Konzept von Müller-Armack ist dies jedoch nicht möglich; Müller-Armacks Konzept führt zu immer mehr und immer mehr Staat.
(1) Dies wollen die heutigen, den Ton angebenden, modernen Mainstream-Ökonomen („Ökonomokraten“) auch, und zwar wollen diese „Ökonomokraten“ nicht nur die Welt vermessen, sondern auf der Grundlage statistischer Datenberge mittels ökonometrischer Modelle mit der Vergangenheit – also der Geschichte – sogar die Zukunft vorhersagen. Darf man diese „Ökonomokraten“ folglich als die legitimen Erben der „jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie“ bezeichnen?
(2) Korporatisten sind der Meinung, dass der Staat und die Interessengruppen der Wirtschaftsgesellschaft aufeinander angewiesen sind. Deswegen befürworten Korporatisten einen Deal (wie z. B. Roosevelts „New Deal“) zwischen Staat und jenen Interessengruppen, die durch Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften repräsentiert werden. Daraus folgt, dass Korporatisten nicht nur manchmal, sondern sehr häufig weitgehende staatliche Interventionen ins Marktgeschehen befürworten.
(3) Seine 1933 veröffentlichte Schrift „Staatsidee und Wirtschaftsordnung im Neuen Reich“ zeigt dies deutlich und illustriert meine These.
(4) Die Quellen dazu sind zu finden in Josef Schüßlburner: Roter, brauner und grüner Sozialismus. Grevenbroich 2008.
(5) Auch hier: Die Quelle sind zu finden in Josef Schüßlburner: Roter, brauner und grüner Sozialismus. Grevenbroich 2008.
(6) So z. B. Günter Schmölders, der als Professor für Finanzwissenschaft in Köln ein Kollege von Müller-Armack war. Schmölders Nachkriegsarbeiten hatten wesentlichen Einfluss auf die Steuerpolitik, sein Buch „Gutes und schlechtes Geld“ kann ich als Einführung in das „Rätsel Geld“ empfehlen. Nach eigenen Angaben stand Schmölders während seiner Breslauer Zeit dem „Kreisauer Kreis“ nahe; Götz Aly („Hitlers Volksstaat“) und Hauke Janssen („Nationalökonomie und Nationalsozialismus“) belegen durch entsprechende Quellen des Bundesarchivs in Koblenz, dass Schmölders wissenschaftlicher Schulungsleiter der SS war, außerdem sind einige Schriftsätze Schmölders aus der braunen Zeit nicht gerade „freiheitlich“ zu nennen. Auch an der Person Schmölders ist also leicht zu erkennen, wie differenziert mit der Wertung der Personen umzugehen ist, die nicht von Anfang an im Widerstand gegen „GröFaZ“ standen oder emigrierten.
(7) Dieter Haselbach („Autoritärer Liberalismus und Soziale Marktwirtschaft“) bezeichnet das Konzept Müller-Armacks als „autoritären Liberalismus“; ein Ausdruck, der sicher nicht als falsch verworfen werden kann. Haselbach ist promovierter und habilitierter Soziologe und meiner Meinung nach politisch „links“ zu verorten.
(8) Die „soziale Marktwirtschaft“ im Sinne des Konzeptes von Franz Böhm, Ludwig Erhard, Wilhelm Röpke oder Alexander Rüstow wich in wesentlichen, wichtigen Punkten vom Konzept „Soziale Marktwirtschaft“ des Alfred Müller-Armacks stark ab. Übrigens, nahezu 100% der Politiker, die heutzutage von „sozialer Marktwirtschaft“ und „Ordoliberalismus“ in Abgrenzung zum bösen „Neoliberalismus“ reden, zeigen schon durch diese Wortwahl ihre völlige Ahnungslosigkeit. Die deutschen „Ordoliberalen“ der Nachkriegszeit betrachteten sich als Vertreter und Fechter des „Neoliberalismus“. Den Begriff Neoliberalismus schöpfte Alexander Rüstow 1938 in Paris beim „Colloque Walter Lippmann“. Das weltweit letzte verbliebene Häuflein „Freiheitlicher“ einigte sich damals auf das Label „Neoliberalismus“. Daraus folgt, die ursprünglichen deutschen „Ordoliberalen“ sind die deutschen Vertreter des „Neoliberalismus“, die man wegen ihres Jahrbuchs „Ordo“ als „Ordoliberale“ bezeichnete – ein Begriff der von Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow – nach meinem Kenntnisstand – nicht übernommen wurde, beide bezeichneten sich selbst als „Neoliberale“ oder auch „Neuliberale“.
(9) Aus dem Gedächtnis zitiert; ich hatte dies als Student im Rahmen einer Literaturrecherche in einer Zeitschrift „Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“ des Franz Steiner Verlags gelesen.
(10) Vgl. Robert Nef: Ein guter Deal zwischen Staat und Wirtschaft?; in: NZZ, 27.01.2009, https://www.nzz.ch/ein_guter_deal_zwischen_staat_und_wirtschaft-1.1793922 und derselbe mit seinem Vortrag beim Roland-Baader-Treffen-2017: https://www.youtube.com/watch?v=bAEdg6_iSVo, ab Zeitpunkt 2:03:05.