7th International Vernon Smith Prize
The 7th International Vernon Smith Prize for the Advancement of Austrian Economics was sponsored and organized by ECAEF – European Center of Austrian Economics Foundation, Vaduz (Principality of Liechtenstein). Topic of the 2014 Essay Competion:
“Trusting Politicians with Our Money is like Leaving a Cat in Charge of a Cream Jug”
|- First Prize EUR 4,000 -|
David J. Hebert (USA)
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|- Second Prize EUR 3,000 -|
Daniel Sanchez Pinol Yulee (Spain)
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|- Third Prize EUR 2,000 -|
Andreas Kohl Martinez
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“Trusting Politicians with Our Money is like Leaving a Cat in Charge of a Cream Jug”. The ever present political desire for more and cheaper money is a fact which monetary authorities have never been able to resist. Not only contradicts history the naïve belief that governments have given us a safer money than we would have had without their claiming a monopoly to issuing it. This exclusive right has also its origin apparently not in any benefit it secures for citizens but simply in the aspiration to enhance the coercive powers of governments. Moreover, it is doubtful whether it has ever done anybody any good except to the rulers and their favorites.
ECAEF did invite papers on this topic which met the following requirements:
1: Entries had to be submitted by individuals of up to 30 years (in 2014).
2: Entries may not exceed 12 pages; 1.5 spacing; left/right margins no less then 1 inch; full bibliography and a 1/2 page summary (abstract) must be included.
3: Entries had to be submitted in English in electronic form (PDF) to krl@ecaef.li and must include an abbreviated CV, featuring DoB, education, and current position
4: Entries arrival deadline was November 23, 2014.
5. It was mandatory that all prize winners participate in the award ceremony in Vaduz. Prizes were not transferable and were awarded on the basis of originality, grasp of subject, and the logical consistence of the argument.
Essays had been judged by an international jury. The three winners presented their papers at a special ceremony in Vaduz, Principality of Liechtenstein, on February 23, 2015. Ekkart Zimmerman spoke the laudatio (in German language):
Laudatio zur Verleihung des Vernon Smith Prize am 23. Februar 2015 in Vaduz, gehalten von Ekkart Zimmermann, München.
Wer zähmt den Zug der Zentralbank? Prinzipale, ihre Agenten und drei Preisträger auf der Suche nach Abhilfe.
„Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig?“ hat Johann Nestroy gefragt. Hätte er den EZB-Präsidenten Mario Draghi noch erlebt, so wäre die Begegnung einsilbig verlaufen.
Einleitung: Etwas vom Gelde
Das Lokalblatt aus München mit gelegentlichen Ausflügen ins Überregionale – die Rede ist von der Süddeutschen Zeitung (24.-25.1.2015, S. 27) – hatte in den Tagen der Verkündigung des Aufkaufens von Staatspapieren durch die EZB den Einfall, einige Blüten aus dem deutschen Wortschatz zum Gelde anzuführen, zu dem bekanntlich alles drängt. Vielleicht verwundert es Sie oder auch nicht, dass die sprachliche Erfindungskraft auf diesem Gebiet den sexuellen Sprachschatz bei weitem übertrifft. (Ich verkneife mir, den ehemaligen bayrischen Finanzminister Erwin Huber zu kommentieren: „Der Steuerspartrieb der Deutschen ist stärker als der Sexualtrieb“, eine vermutlich zutreffende Beobachtung angesichts der Komplexität des deutschen Steuerwesens).
In einer der Quellen der Süddeutschen Zeitung, dem „Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten“ von Lutz Röhrich (1991), findet man: „Kein Geld, keine Schweizer“, was in diesem Falle rein historisch zu deuten ist: wurden die Schweizergarden nicht pünktlich entlohnt, so liessen sie ihre Herren im Stich. Im Stich gelassen ist auch der Arme, hat er doch „Geld wie ein Frosch Haare“.
Nach dieser Ausbildung im „Grundsätzlichen“ darf ich auf die dreifache Alliteration im Titel dieses Vortrags und das “Zähmen” zurückkommen. Man zähmt wilde Tiere, aber einen Zug, der von den Geleisen abkommt? Den möchte man stoppen. Wie sich zeigen wird, ist das “wilde Tier” aber vielleicht sogar das bessere Bild.
Hauptteil: Theoretischer Rahmen
Die Zusammenhänge zwischen souveränem Bürger, dem Prinzipal, dem Auftraggeber in einer freiheitlichen Gesellschaft und seinen Institutionen wie Banken und Zentralbank kann in aller Kürze wie folgt dargestellt werden:
Abbildung: Ein vereinfachtes Kausalmodell einiger (Fehl-)Beziehungen zwischen Prinzipal, Banken und Zentralbank.
Der Prinzipal – das sind die freien Wirtschaftssubjekte – legt sein Geld bei den Banken an (Pfad 1) und hat dafür institutionelle Regelungen im Bankengesetz geschaffen. Diese berühren auch die Frage einer angemessenen Deckungsreserve für ausgeliehene Kredite durch die Banken. Für die Bundes- oder Zentralbank hat er ebenfalls ein Gesetz im Parlament verabschiedet (Pfad 2), das die Rolle der Überwachung der Banken (Pfad 3) und ihrer ausreichenden Geldversorgung (Pfad 4) beinhaltet, auch im Falle des lenders of last resort, des Garanten für das Bankengefüge. Die Banken müssen Mindestreserven halten und andere Risikoauflagen erfüllen (Pfad 3).
In beiden Bereichen, dem der Mindestreserven und kontrollierter Risiken, haben die Banken im Verlauf der amerikanischen und teil-europäischen Immobilienkrise bis zu ihrem Ausbruch 2007 mit überschiessender und weitgehend ungedeckter Kreditausweitung agiert (Pfad 5), ohne dass die Bankenaufsicht von Anfang an über Pfad 4 mit angemessener Kontrolle eingeschritten ist.
Die Neuordnung des Bankenwesens hat zu zahlreichen Verwerfungen geführt, die hier nicht ausgeführt werden. Als eine solche hat aber das Quantitative Easing zu gelten (Pfad 6), das die EZB betreibt, um Investitionen durch ein Fluten der Geldmärkte zu erzwingen, notfalls auch mit Negativzinsen – mit vorerst unklarem Erfolg und starker Verzerrung der Zinsmechanismen, vielleicht die ersten Stufe eines grösseren qualitative uneasing. Ludwig von Mises (1931) kritisiert die zentrale Zinsfestsetzung nachhaltig und möchte dies den Marktprozessen überlassen. Zu niedrige Zinsen führten zu fehlgeleiteten Überinvestionen und nachfolgenden Reinigungskrisen. Wenngleich die Zukunft immer offen ist, war es mit Reinhart und Rogoff (2009) in der Vergangenheit oft genug eben nicht anders.
Zwei der drei Preisträger sprechen Abhilfen sowohl bei den Banken an (Haftungsverschärfungen, höheres Eigenkapital, schärfere Bankenaufsicht – Daniel Sanchez Piñol Yulee) als auch bei der Zentralbank (David J. Hebert). Letztlich sind beide aufeinander angewiesen: ohne den “lender of last resort” kann sich eine differenzierte und wachstumsfähige Bankenlandschaft nicht entwickeln, und ohne die unternehmerische Tätigkeit und Haftung der Banken bleibt das bereitgestellte Geld der Zentralbank einfach liegen. Der dritte Akteur jenseits des monetären Ordnungsrahmens von Zentralbank und Banken im Gesamtsystem der Banken verleiht dem Institutionengeflecht erst seine nachhaltige Wirkung: der von Schumpeter beschworene schöpferisch-zerstörerische Unternehmer, der den technischen Fortschritt durchsetzt.
An der im Vergleich zum MIT, der geistigen Prägungsstätte von EZB-Präsident Draghi, vielleicht altertümlichen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln lernte man schon vor mehr als fünfzig Jahren im ersten Semester den Spruch: man kann die Pferde zur Tränke führen, doch saufen müssen sie schon selbst. Das “quantitative easing” dürfte der Theorie nach nicht erfolgversprechend sein, jedenfalls nicht hinreichend sein. Ben Bernanke liefert denn auch das schöne Bonmot: „Das Problem mit dem ‚QE‘ ist, dass es in der Praxis funktioniert, aber nicht in der Theorie“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.1.2015, S. 17). Dies gilt aber nur die USA und Grossbritannien, und auch nur mit dem Vorbehalt der weiter steigenden Staatsschulden und nach wie vor erheblicher privater Verschuldung. Das nach der Bankenkrise erzielte Wachstum1 in Grossbritannien und den USA ist denn auch nicht mit geordneten finanziellen Verhältnissen gleichzusetzen, vielmehr eher mit einer Verlagerung von Lasten in die Zukunft, nun schon seit deutlich mehr als einem Jahrhundert. Eine zeitgemässe Warnung aus dem Jahre 1762 lautet: „Diejenigen, die kein Geld besitzen, wenn sie zum Borgen kommen, werden auch keins haben, wenn sie zum Zahlen kommen“ (Oliver Goldsmith, The Citizen of the World 1762). Margaret Thatcher hätte das “quantitative easing” bestimmt nicht gutgeheissen: “Wenn ich Deutsche wäre, würde ich die Bundesbank und die D-Mark auf alle Fälle behalten” (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 25.1.2015, S. 24).
Der im Titel angesprochene “Zug” der Zentralbank kann mindestens in zweierlei Hinsicht aus den Geleisen geraten: erstens und traditionalerweise im Vordergrund steht die Furcht vor einer Inflation durch überhöhte Geldmengenvermehrung. Allein für die 95 Jahre der Existenz der Federal Reserve Bank haben sich die Preise um 2.200 Prozent erhöht (Selgin et al. 2010).
Die Lehren aus der Grossen Depression und den Analysen von Milton Friedman und Anna J. Schwartz (1956) deuten daraufhin, eine Volkswirtschaft in einer nachhaltigen Krise im angemessenen Rahmen zu reflationieren. Unter Ben Barnanke, der die Grosse Depression intensiv analysiert hat, ist dies ebenso zu einem Glaubenssatz geworden wie bei seinem Vorgänger Alan Greenspan und jetzt bei Mario Draghi.2 Dass sich daraus leicht eine Inflationierung ergibt, ist eine historische Tatsache (Reinhart und Rogoff 2009), wenngleich dabei andere, oft aussenwirtschaftliche, Faktoren mitwirken.
Die zweite grosse Entgleisung ist die Deflation, wie sie für die Grosse Depression und die restriktive Geldpolitik der Federal Reserve Bank kennzeichnend war. Wenn “Geiz geil ist” und die Werbung dafür sogar die konsum-enthaltsame Oma bemüht (frühere Werbung der Metro AG in Deutschland), brechen schlechte Zeiten für die Berechnungen der Anbieter an. Schon eine leichte Inflation treibt die Kunden zum Konsum. In einer Preisspirale nach unten tritt das genaue Gegenteil ein: die Erwartungen eines Preisverfalls erzeugen extreme Zurückhaltung beim Konsumenten und lähmen damit den Absatz, die Entlohnung und natürlich auch weitere Investitionen.
Die momentane Deflationsfurcht der EZB speist sich aus der Kenntnis dieser kumulativen Erwartungsprozessse nach unten und den über mehr als zwei Jahrzehnten gemachten Erfahrungen in einem vergleichbar fortgeschrittenen Industrieland, Japan. Dieser Preisdruck kommt durch globalisierte Märkte und technischen Fortschritt wie auch überproportionalen Abbau von Rohstoffen und natürlich den Mangel an Unternehmern zustande, die mit begehrten Produkten neue Nachfrage schaffen.
Freilich hat es vor dem Ersten Weltkrieg auch eine “gute Deflation” gegeben, als die Preise der Produkte stärker als die Löhne fielen, die Kaufkraft also real stieg. Dies geschah übrigens – proportional gesehen – im Rahmen einer grösseren internationalen Wirtschaftsverflechtung unter den grossen Ländern als heutzutage. Vor allem waren die Verhältnisse auf den internationalen Währungsmärkten durch den Gold- und Devisenstandard und seine eingebauten Stabilisatoren geordneter: Länder mit Exportüberschuss werteten automatisch auf, mit Importüberhang automatisch ab.
Nach den schon vor diesem Währungsregime und vor allem nachher gemachten Inflationserfahrungen ist die abhängig beschäftigte Bevölkerung mit ihrer gewerkschaftlichen Verhandlungsmacht von einer guten Deflation kaum zu überzeugen. Aber die Zukunft ist zum Leidwesen mancher Volkswirte bekanntlich offen.
Fragt man nach Ersatzlösungen für das Monopol der Zentralbank, eben um den Monopolmissbrauch in der Geldversorgung und Kontrolle der Banken zu vermeiden, so plädiert z.B. Friedrich August von Hayek (1976) dafür, das Zentralbankmonopol durch Privatisierung zu brechen und die Kontrolle in die Hände der Marktteilnehmer zu legen.
Im Sinne des obigen Kausaldiagramms wird vom Prinzipal ein weiterer Agent oder werden mehrere weitere Agenten eingesetzt, um die Funktionen einer übergeordneten Banken-Institution sicherzustellen. All dies ist zunächst mal mit gesteigerten Transaktionskosten verbunden. Nicht nur der Geldbeutel muss Zusatzfächer für das Aufbewahren unterschiedlicher Währungen erlauben.
Möglich ist allerdings, dass diese zusätzlichen Transaktionskosten deutlich geringer als die Kosten eines nichtabstellbaren Monopolmissbrauchs durch die Zentralbank ausfallen. Hier gilt es abzuwägen. De facto muss es auch beim Umlauf von mehreren Währungen jeweils einen lender of last resort geben, einen Kreditgeber der letzten Zuflucht. Nur wird dieser dann durch die viel marktnäheren und eigenverantworlichen Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte mitbestimmt. Im Sinne des Experimentierens für die Entstehung von Marktordnungen ist hier auch das Gedankengut des Namensgebers für diese Preisverleihung, Vernon L. Smith, berührt.
Die Preisträger
Auf die Preisausschreibung der European Center of Austrian Economics Foundation mit dem Titel “Trusting Politicians with Our Money is like Leaving a Cat in Charge of a Cream Jug” sind 67 Arbeiten aus 11 Ländern eingegangen.
Der 3. Preis der Jury (die mir nicht bekannt ist) geht an Andreas Kohl Martinez mit seinem Aufsatz „A Debate on Illogical Endowment, Rational Depletion of Entrusted Capital in a Monopoly Industry, and Total Decentralization of Governmental Services”. Er plädiert für Dezentralisierung und gegen Monopole. Die Trennung in schlechte und ihren Absichten nach gute Politiker sei naiv und der Erfahrung widersprechend. Er diagnostiziert eine kognitive Dissonanz bei Individuen, die Steuern befürworten, und zweifelt am rationalen Verhalten der politischen Führer und ihren möglichen Lösungen. Der Staat übernimmt zu viele Aufgaben, beschränkt den Marktzugang und erzeugt im Vergleich zu vielen privaten kostengünstigeren Lösungen eine Unterversorgung, deren Kosten dann über erhöhte Steuern den Reicheren aufgebürdet werden.
Im nächsten Abschnitt geht es um den “rationalen Staatsmann”, der seine Erträge maximiert und dabei auf seine Klientel, die er bedient, setzt. Wiederwahl ist das Ziel, nicht die allgemeine Wohlfahrt und auch nicht die Weitergabe traditionaler Werte wie etwa in einer Monarchie.
Im dritten Abschnitt stehen Dezentralisierung und offener Marktzugang im Vordergrund, hier am Beispiel des Transportgewerbes und neuerdings der Taximärkte mit dem Ergebnis einer Versorgung zu deutlich kostengünstigeren Preisen und nicht geminderter Sicherheit in der Erbringung der Leistung.
Schliesslich geht er auf Bitcoin-Modelle und Marktbildungen ein als einer Möglichkeit, der Zentralalisierung in der Geldwirtschaft gegenzusteuern. Wie es sich für einen Essay mitunter ziehmt, geht die Freude an den Gedanken nicht immer mit klar deduktiven Aussagen einher. Doch ist die Richtung der Argumentation klar erkennbar: man nehme der Katze den Milchtopf weg.
Den 2. Preis erhält Daniel Sanchez Piñol Yulee mit seiner Arbeit „Surfing through the Cycle. How Central Banks Policies Sabotage Basel Regulations“. Er skizziert kurz verschiedene Zinstheorien, auch die Kapital- und Liquiditätsvorschriften in den Basel-Regulierungen, und schliesst sich den Einsichten der Zins- und Konjunkturtheorie der österreichischen Schule an. Diese erkläre Risiken, die Fehlleitungen durch zu niedrige Zinssätze und nachfolgende Bereinigungen am Markt am besten.
Im nächsten Abschnitt wird der Zentralbank vorgehalten, durch attraktive gesteigerte niedrige Zinssätze das Risiko für die Banken verringert und damit künstliche Gewinnmöglichkeiten für ebendiese Banken geschaffen zu schaffen. Je mehr Schulden die Bank angesichts solcher Vorgaben hat, desto höher ihre Gewinne. Die Basel-Richtlinien haben also wenig geholfen angesichts der klaren Anreize der Zentralbank zur Erhöhung der Verbindlichkeiten der Banken. Vielmehr ist ein pfadabhängiger Weg zu faulen Krediten und der Eskalation üblicher kleinerer Wirtschaftskrisen zu volkswirtschaftlichen Gesamtkrisen beschritten worden. Die Pfade 3 bis 5 im obigen Kausalmodell sprechen einige dieser Mechanismen an.
Der 1. Preis geht an David Hebert mit dem stringentesten und elegantesten Beitrag “The Failure of Direct Monetary Constraints”. Direkte zentrale Eingriffe in die Geldversorgung scheitern aus zwei Gründen, zum einen wegen der Unwissenheit der Akteure, weil gerade auch in Gelddingen und Risikofragen der Markt ex post Entdeckungen liefert. Das Wissen der einzelnen Akteure ist immer begrenzt, wie Hayek dies in seiner Lehre der Wissensteilung ausgeführt hat. Der andere Grund liegt in den Anreizen der Zentralbank-Manager, eine expansive Geldpolitik zu betreiben.
Hebert plädiert für eine radikale Lösung, nämlich die ausschliessliche Macht der Direktoren der Zentralbank abzuschaffen. Allerdings unterliegt die Vorstellung, das perfekte Gleichgewicht nach Abschaffung der Zentralbank über den Markt bestimmen zu können, wiederum der gleichen Beschränkung: der Markt schafft zwar Anreize im Zusammenführen von Teilnehmern mit unterschiedlichem Wissen und damit unterschiedlicher Risikobereitschaft, ist aber in seinen Ergebnissen immer erst ex post „vollständig“ zu erkennen oder zu „deuten“. Selbst wenn die Zentralbank-Akteure um die angemessenen Schritte wüssten, so haben sie doch oft divergierende private Anreize.
Eine expansive Geldpolitik sei nicht nur für die Politiker zentral, weil sie damit ihre Wahlklientel günstig stimmen können, sondern auch für Zentralbanker, weil sie der Verantwortung für eine solche Politik in der ferner Zukunft enthoben seien und ihre Karrieren optimieren könnten. Auch sei die herrschende Meinung in den ökonomischen Beraterstäben durch die Sicht der Zentralbank geprägt. Die Rekrutierungsmuster in diese Stäbe, auch die der Fachzeitschriften, erfolge immer wieder gleichgerichtet.
Eine unmittelbare Lösung sieht Hebert weder in juristischer noch in wirtschaftstheoretischer Hinsicht. Auch formale Regelungen zur Verteidigung der Kaufkraft, wie sie z.B. James Buchanan (2010) vorschweben, sind nicht gegenüber Irrtümern gefeit. Eine Rückkehr zum „free banking“ schliesst der Autor ebenfalls aus. Am ehesten führe der Weg über private Wettbewerber mit den staatlichen Stellen, wobei der Staat nicht alle Hoheitsrechte abzugeben habe.
Schlussbemerkung
Es gilt, wachsam zu bleiben. Wer hilft uns gegen die Wächter und dann auch gegen diese Helfer? Einer der wachsamsten Zeitgenossen war der Schöpfer des Dictionary of the English Language im 18. Jahrhundert, Samuel Johnson: „Ich würde mein Geld eher einem Menschen ohne Arme anvertrauen, der somit körperlich nicht stehlen kann, als einem mit den ehrenwertesten Prinzipien“ (Boswell 1791).
Durchlauchten, verehrte Festversammlung, mit dem Reden hat das so seine Bewandnis. Vielleicht kennen Sie dies: ein Deutscher, ein Franzose und ein Brite sollen hingerichtet werden. Jeder hat noch einen Wunsch. Der Deutsche möchte noch eine grosse Rede halten, der Franzose wünscht sich ein opulentes dîner. Der Brite gibt sich bescheidener: „Können Sie bitte meine Hinrichtung vorziehen.“
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Literatur
Boswell, James (1791). The Life of Samuel Johnson.
Buchanan, James (2010): The Constitutionalization of Money. Cato Journal, 30, S. 251-258.
Friedman, Milton und Anna J. Schwartz (1963). A Monetary History of the United States. Princeton: Princeton University Press.
Goldsmith, Oliver (1762). The Citizen of the World.
von Hayek, F. A. (1976). Denationalisation of Money. London: The Institute of Economic Affairs.
von Mises, Ludwig (1931). Die Ursachen der Wirtschaftskrise. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), S. 11–14.
Reinhart, Carmen M. und Kenneth S. Rogoff (2009). This Time Is Different:
Eight Centuries of Financial Folly. Princeton: Princeton University Press.
Röhrich, Lutz (1973). Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg: Herder.
Selgin, G., W. Lastrapes und L. White (2010). Has the Federal Reserve Been a Failure? Washington, D.C.: CATO Working Paper.