Die Erfolgsgeschichte der liberalen Revolution in Argentinien

 

Javier Milei war mit einem revolutionären Programm angetreten. Er wollte die Ideen der Freiheit, die Ideen der Österreichischen Schule anwenden, den Argentiniern ihre Freiheit zurückbringen, den Staat, als Problem, bekämpfen, die Politikkaste beschneiden, mit der Kettensäge Regulierungen und Staatsausgaben verringern, die Zentralbank abschaffen und Argentinien zum freiesten Land der Welt machen. Die Etatisten und vor allem die Keynesianer warnten vor den libertären Ideen und prognostizierten eine riesige Wirtschaftskrise, soziale Härten, Chaos und einen Anstieg der Armut. Wie sieht die Bilanz bis jetzt aus? War Milei erfolgreich?

I

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zunächst die Ausgangsposition vor Augen führen als Javier Milei im Dezember 2023 die Macht übernahm. Der Kirchnerismus hatte das Argentinien 20 Jahre lange zugrunde gerichtet. Die Armutsquote lag im November 2023 bei 55%. Die Quote extremer Armut stand bei 17,5%. Der Staatsbankrott drohte, der 10. in der Geschichte Argentiniens. Die argentinischen Staatschulden lagen 2023 bei etwa 100% des Bruttoinlandsprodukts. Zudem schuldete Argentinien $60 Mrd. für bereits gelieferte aber noch nicht bezahlte Importe. Am 21.12.2023 wenige Tag nach Mileis Amtsantritt wurde eine Zinszahlung an den Internationalen Währungsfonds fällig. Gleichzeitig bilanzierte die Argentinische Zentralbank negative $10.5 Mrd. Währungsreserven, da sie sich in US-Dollar verschuldet hatte.

Als wäre das nicht genug, war Argentinien in einer inflationären Dynamik gefangen, die sich ungebremst in eine Hyperinflation beschleunigte.

Die monatliche Konsumgüterpreisinflation lag 2023 von Januar bis Juli zwischen 6% und 8,4%. Im August beschleunigte sie sich schon auf 12.4% und im Dezember sprang sie auf 25,5%, was einer annualisierten Teuerungsrate von 1.228% entspricht. Die Großhandelspreise, die in der Regel der künftigen Konsumgüterinflation vorauslaufen, zeigten eine weitere Beschleunigung an. Sie stiegen im Dezember 2023 um 54%, das sind annualisiert 17.000%. Eine Hyperinflation schien unvermeidbar.

Das Staatsdefizit war wenig hilfreich. Das konsolidierte Staatsdefizit lag 2023 bei sage und schreibe 15%, davon 5% in der Staatskasse und 10% in der Zentralbank. Denn nicht nur das Finanzministerium hatte Schuldtitel ausgegeben, auch die Zentralbank. So verkaufte die argentinische Zentralbank kurzfristige Schuldpapiere zu attraktiven Zinsen an die Banken, um die zuvor geschaffenen Pesos abzuschöpfen. Statt in die Wirtschaft zu fließen, gelangten die Pesos zurück zur Zentralbank und wurden so sterilisiert. Das Problem dabei ist offensichtlich. Die Zentralbank musste attraktive Zinsen auf ihre Verbindlichkeiten zahlen. Durch die hohe Inflation im Jahr 2023 lag der Zinssatz bei etwa 135%. Doch wie bezahlte die Zentralbank diese Zinsen auf ihre Schulden? In dem sie neues Geld druckte. Ein Teufelskreis. Ende 2023 implizierten die Zinszahlungen der argentinischen Zentralbank einen endogenen Anstieg der Geldmenge von 10% des Bruttoinlandsprodukts. Damit schlummerte eine Zeitbombe in der Zentralbankbilanz, die jederzeit eine Hyperinflation zünden konnte.

Ende 2023 war die Lage also dramatisch. Argentinien war vollkommen verarmt, praktisch bankrott, mit einem konsolidierten Defizit von 15% des BIP. Der argentinische Staat war ohne Kredit, ohne Reputation, unfähig sich zu finanzieren und an der Schwelle einer Hyperinflation. Die Gesellschaft war am Limit und konnte keine große Anpassungskrise überstehen, schon gar keinen Währungszusammenbruch. Dass Mileis Parteienbündnis nur über 15% der Abgeordneten im Parlament und 10% im Senat verfügte, und die Opposition alle Gesetzesvorhaben blockierte, machte die Situation nicht leichter. Die Probleme in den Griff zu bekommen war eine titanische Aufgabe.

II

Bei seinem Amtsantritt nahm sich Milei zunächst die makroökonomische Stabilisierung vor. Entscheidend und das Herzstück war die Eliminierung des Defizits. Milei wiederholte unermüdlich, dass die Defizitbeseitigung unverhandelbar sei. Und schon im ersten Monat, im Januar 2024 gelang ein Haushaltsüberschuss. Das war nur durch den beherzten Einsatz der berüchtigten Kettensäge möglich. Milei schaffte Ministerien ab, entließ Staatsbedienstete, legte alle staatlichen Infrastrukturprojekte auf Eis, schloss Behörden, beendete die staatliche Subvention der Medien und die Transfers an die Provinzen. Außerdem erhöhte er die Gehälter von öffentlichen Angestellten und Rentnern nicht im gleichen Rhythmus wie die Inflation.

Der reale Rückgang der Staatsausgaben beläuft sich etwa auf 30 Prozent. Das ist eine unglaubliche Zahl, die historische ihresgleichen sucht. Der Rückgang der Staatsausgaben repräsentiert die Erleichterung der Last des Staates, die auf den Schultern der argentinischen Zivilgesellschaft liegt.

Die Folge war ein Haushaltsüberschuss, auch nach Zinsen. Weil es kein Defizit mehr gibt und Milei verdeutlicht hat, dass es mit ihm auch keines mehr geben wird, wurde ein monetärer Anker für die Inflationserwartungen geschaffen: Es wird nicht mehr nötig sein, Pesos zu drucken, um das Defizit zu finanzieren. Mit den Inflationserwartungen fielen die Zinsen. Dieser Zinsrückgang bedeutete weitere Einsparungen, weil die Zinslast von Staat und Zentralbank fiel.

Während das Haushaltsdefizit im Januar beseitigt wurde, dauerte es bis zum Juni 2024 bis das zehn-prozentige Defizit der Zentralbank eliminiert wurde. Die Banken bekamen Anreize, die verzinsten Zentralbankverbindlichkeiten gegen langfristige Staatsanleihen zu tauschen.

Durch die Beseitigung des Defizits sowohl im Haushalt als auch bei der Zentralbank entfällt der endogene Druck neue Pesos herzustellen. Seit Juli 2024 werden netto auch durch Dollarankauf keine Pesos mehr in den Umlauf gebracht. Zwar mussten die Exporteure ihre Dollars weiterhin an die Zentralbank zum offiziellen Wechselkurs gegen Pesos abliefern, doch stieß die Zentralbank in der Folge die Dollars wieder zum Marktpreis ab. Sie sammelte die Pesos wieder ein, wobei durch die Differenz zwischen offiziellem Wechselkurs und Marktpreis ein Gewinn verbleibt. Entscheidend: Die Nettoemission ist Null. Die Geldbasismenge ist eingefroren. Im April 2025, als Milei sich Dollarreserven zur Stärkung der Zentralbankbilanz gesichert hatte, öffnete er auch die Kapitalverkehrskontrollen und ließ den Wechselkurs in einem sich stetig vergrößerndem Band frei schwanken. Die Abschaffung der Kapitalskontrollen (CEPO) ist ein großer Schritt hin zur Öffnung des Landes und macht Investitionen attraktiver.

Das Einfrieren der erweiterten Geldbasis ist Milei nicht genug. In der Zukunft möchte Javier Milei auch die Geldemission für eine Bankenrettung vermeiden. Ein Teildeckungsbankensystem erzeugt zyklische Krisen. In diesen Krisen produziert die Zentralbank Geld, um die Teildeckungsbanken zu retten. Um dieses Risiko zu beseitigen, plädiert Javier Milei für ein vollgedecktes Bankensystem. Schafft es Milei seinen Plan zu verwirklichen, dann besitzt Argentinien das erste Bankensystem weltweit mit einer 100% Reservedeckung, wodurch die allgemeinen Rechtsprinzipien wieder respektiert wären. Bankenkrisen und Wirtschaftszyklen wären Geschichte.

In Folge dieser beherzten Maßnahmen ist die Monatsinflation von 25% im Dezember 2023 auf 1,5% im Mai 2025 gefallen. Und die Märkte erwarten eine weiter rückläufige Inflationsrate. Die Risikoprämie auf argentinische Staatsanleihen geht immer weiter zurück. Lag sie bei Mileis Amtsantritt bei knapp 3000 Basispunkten liegt sie nur noch bei etwa 700 Basispunkten. Die Abwendung der Hyperinflation und Stabilisierung des Pesos ist Mileis bislang größte Leistung und sein größtes politisches Kapital.

III

Doch wieso kam es nicht zu sozialen Unruhen? Stellen Sie sich vor in Deutschland würde die Regierung die Staatsausgaben um ein Drittel kürzen. Die Regierung würde wohl darüber stürzen. Doch in Argentinien verzeichnet Javier Milei sogar steigende Zustimmungswerte. In den Wahlen in der Hauptstadt Buenos Aires am 18. Mai 2025 ging seine Partei La Libertad Avanza als großer Sieger hervor. Das ist nur dadurch erklärbar, dass Milei 10 Jahre lang im Kampf um die besseren Ideen Aufklärungsarbeit geleistet hat. Er hat aufgeklärt, dass die Inflation ein monetäres Problem ist. Die Staatsausgaben sind das Problem, weil sie zu einem Defizit führen, das durch die Ausgabe neuen Geldes finanziert wird, was die Preise steigen lässt. Diese Inflationssteuer, die vor allem die Armen trifft, ist mit der Nullemission seit Juli 2024 eliminiert.

Milei hat auch aufgeklärt, dass weniger Staatsausgaben nicht schlecht für die Privatwirtschaft sind. Ganz im Gegenteil bedeutet ein Rückgang der Staatsausgaben, dass dem Privatsektor mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. Außerdem hatte er angekündigt, dass der Entzug der Inflationsdroge hart werden würde. Am Ende des Tunnels wartete jedoch ein neues Argentinien. Und dieses Mal lohne sich der Aufwand. Für diese Aussagen wählten ihn die Argentinier. Und daher genießt Milei bis heute noch so hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung hat, trotz der Sparmaßnahmen. Denn er macht das genau das, was er vor der Wahl versprochen hat.

Aber nicht nur die makroökonomische Stabilisierung ist Milei gelungen. Auch bei der Deregulierung der argentinischen Wirtschaft gibt es gewaltige Fortschritte. Beginnend mit seinem Decreto de Necesidad y Urgencia (Notstandsdekret) hob Milei mehr als dreihundert Verordnungen auf. Besondere Aufmerksamkeit erregte das Ende der Mietpreiskontrolle. Die realen Mieten fielen, als zurückgehaltene Wohnungen wieder auf den Markt kamen. Im Juni brachte Milei auch seinen umfassenden Reformplan (Ley Bases) durch beide Kammern. Es handelt sich um die größte Strukturreform Argentiniens. Laut Milei ist die Reform mittlerweile 25mal so groß wie die bisher größte Strukturreform in Argentinien unter Carlos Menem in den 90er Jahren. Das Ley Bases beinhaltet unter anderem die Gründung des Deregulierungsministeriums, Privatisierungen, und eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Täglich werden alte Verordnungen abgeschafft. Zu den Deregulierungen gesellen sich auch sukzessive Steuersenkungen.

IV

Die Ziele Mileis sind klar und wurden im Juli mit der Unterzeichnung des Pacto de Mayo (Maipakts) zwischen dem Präsidenten und den Gouverneuren bekräftigt. Zu den zehn Grundprinzipien dieses Pakts gehören „die Unverletzlichkeit des Privateigentums“, „die Reduzierung der öffentlichen Ausgaben auf 25% des BIP“ und die Umsetzung einer Reform, die „die Steuerlast senkt und das Leben der Argentinier vereinfacht und den Handel fördert“. Langfristig möchte Milei Argentinien zum freiesten Land der Welt machen. Die ersten Schritte sind getan.

Die konjunkturelle Talsohle ist im April 2024 erreicht worden ist, wobei die Rezession schon vor Mileis Amtsantritt eingesetzt hatte. Seitdem ging es zunächst langsam, dann schneller bergauf. Seit Mai steigen Autoproduktion, private Bauaktivität, Konsumentenvertrauen, Exporte und die Reallöhne. 2024 sind die Reallöhne 14% gestiegen, in allen Bereichen. Nur die Staatsangestellten mussten Einbußen hinnehmen. Auch die Renten stiegen letztlich um 13% in 2024. Von Dezember 2023 bis Dezember 2024 wuchs die Wirtschaft knapp 6%. Im April 2025 lag die Wachstumsrate auf Jahresbasis gar bei 8%. Der Internationale Währungsfonds geht für das Gesamtjahr 2025 von einem kräftigen Wachstum von 5,5% aus. Eine Schätzung die noch konservativ sein könnte. Die Armutsrate ist von 55% im November 2023 auf knapp 35% im Frühjahr 2025 gefallen. Dieser 20% Rückgang der Armutsquote bedeutet, dass 10 Millionen der Argentinier in der Ära Milei der Armut entkommen sind. Aus einer von Etatisten besetzten Quelle, von UNICEF, wurde bekannt gegeben, dass 2024 1,7 Mio. Kinder in Argentinier der Armut entkommen konnten.

Der Mentalitätswechsel weg vom Staat hin zur Freiheit, den Milei in Argentinien vornimmt, ist einzigartig; und nicht nur auf Argentinien begrenzt. Für diese Verbreitung der Ideen der Freiheit wird Milei in die Geschichte eingehen. Er hat einen Prozess angestoßen, der kaum noch aufzuhalten ist. Wird Milei nicht von der Opposition von der Umsetzung der libertären Rezepte abgebracht, dann wird Argentinien eine beeindruckende Wachstumsgeschichte erleben. Ein „Wirtschaftswunder.“ Und gerade das fürchten die Etatisten und Kollektivisten. Daher sind sie weltweit in Panik. Sie versuchen, Milei und seine Ideen in den von ihnen kontrollierten Medien zu diffamieren und seine Reformen zu sabotieren. Denn ist Milei erfolgreich und führt Argentinien in die Prosperität und Freiheit, dann werden sich die Menschen den Ideen der Freiheit zu wenden. Sie werden sich libertäre Reformen wünschen. Sie werden auch Prosperität und Freiheit haben wollen. Sie werden sich einen Milei in ihrem Land wünschen. Sie werden sich nach mehr Freiheit und weniger Staat sehnen, und das bedeutet für die Etatisten, die vom Staate leben, weniger Einkommen und Macht.

 

* Philipp Bagus (ES/D) is a native of Germany. He earned his M.A. at the University of Münster (D) and his Ph.D. in economics at the Universidad Rey Juan Carlos in Madrid
(ES), where he is currently teaching. Prof. Bagus’ specializes in Austrian Economics with a focus on monetary and business cycle theory. He is co-editor of a ‘Procesos de
Mercado-Revista Europea de Economia Politica’ and Chairman of the Board of Director of ‘Elementum International’). He serves at the academic advisory board of the
German Ludwig von Mises Institut, is a member of the Ludwig von Mises Institute in Auburn (AL), and also works as an IREF scholar. In 2011 and 2017 respectively his work was awarded the O.P. Alford III Prize in Libertarian Scholarship and in 2016 the Ludwig-Erhard-Förderpreis. Bagus’ well over 60 scholarly essays have published in internationally renowned academic journals, among them the Journal of Business Ethics, the Independent Review, or the American Journal of Economics and Sociology.
He is also the author of several books including his highly acclaimed The Tragedy of the Euro (2010), that has been translated 14 languages, Deep Freeze: Island’s Economics Collapse (2011) or most recently his important book Die Ära Milei (2024), the first comprehensive study of Argentina’s current president.

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